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Tagung 2010

Jahrestagung 2010
Thema: Alois Senefelder und die Folgen

28. bis 30. Oktober 2010, Bernardbau Offenbach




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Bericht über die IADM-Jahrestagung 2010 in Offenbach am Main

„Was Mainz für den Typendruck ist, das ist Offenbach für den Bilderdruck“. Mit diesem Slogan könne die Stadt Offenbach am Main für ihre Bedeutung in der Druckgeschichte werben, erklärte der Vorsitzende des IADM (Internationaler Arbeitskreis Druck- und Mediengeschichte e. V.), Dr. Harry Neß, bei der Eröffnung der IADM-Jahrestagung „Senefelder und die Folgen“ am Freitag, 29. Oktober 2010 im Haus für Stadtgeschichte im Bernhardbau in Offenbach am Main, nachdem vorher die Herren Dr. Ralph Phillip Ziegler als Leiter des Forum Kultur der Stadt und Dr. Jürgen Eichenmüller als Museumsleiter des Hauses für Stadtgeschichte mit ihren Grußbotschaften ihr Willkommen ausgesprochen hatten. Im Museum ist eine Senefelder-Stube mit von Noten bebilderten Steindruckplatten an den Wänden ringsum dekoriert, in der Mitte der Nachbau der von Alois Senefelder erfundenen Stangenpresse, was schon den hohen Stellenwert dokumentiert, den die Stadt dieser Erfindung und ihrer Vermarktung durch den Offenbacher Musikverlegers, Johann Anton André, und seiner beiden Söhne, Philipp und Friedrich, beimisst. Anfang Dezember 2010 wird auch noch ein Senefelder/André-Denkmal als Relief von Lithographiesteinen im Büsing-Park der Stadt Offenbach aufgestellt, das aus einem Wettbewerb der Hochschule für Gestaltung Offenbach (HfG) hervorgegangen ist und vom örtlichen Rotary Club gefördert wurde, sodass die Würdigung auch nach außen zutage tritt.


Dipl.-Ing. Boris Fuchs
Einführungsreferat zu „Senefelder und sie Folgen“


Boris Fuchs aus Frankenthal stellte deshalb in seinem Einführungsreferat diese Großtat in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Es genüge nicht, dass ein Erfinder wie Alois Senefelder eine gute Idee habe, es brauche auch den Käufer und Förderer, der dieser Idee und Erfindung den notwendigen Markt verschafft. Dies verkörperte in idealer Weise der Offenbacher Musikverleger Johann André, der zu dieser Zeit gerade den gesamten künstlerischen Nachlass von Wolfgang Amadeus Mozart von dessen Witwe Constanze in Wien erworben hatte – es handelte sich um nicht weniger als 273 Manuskripte – ein Schatz von unsagbar hohem Wert – und suchte nach einem preiswerterem Druckverfahren als dem sonst üblichen Kupferstichen. Bei Gleißner & Senefelder in München fand er dieses. Der Münchner Hofmusikus Franz Gleißner hatte Senefelder schon vorher auf die großen Möglichkeiten seines Verfahrens im Notendruck – fünfmal billiger als Kupferstiche – aufmerksam gemacht und mit ihm 1796 eine gemeinsame Firma in München gegründet. Der Kaufvertrag sah vor, dass Senefelder zur Neueinrichtung der André’schen Druckerei nach Offenbach reist und dort die 10 Kupferstichpressen durch 5 Steindruckpressen ersetzt.

Nach diesem Erfolg trug sich Johann Anton André mit dem Gedanken, Privilegien für den Steindruck in Frankreich, England, Berlin und Wien zu beantragen, wobei ihm seine beiden Söhne Philipp in Paris und Friedrich in London helfen sollten. Dies gelang ihm auch und es entstand so sehr schnell eine Mini-Globalisierung der Senefelder’schen Erfindung. Auf Andrés Drängen verfasste Senefelder ein „Vollständiges Lehrbuch der Steindruckerey“, das 1818 bei Thielemann in München herauskam. Er machte damit sein Verfahren der Allgemeinheit zugänglich. 1834 starb er an den Folgen eines Gehirnschlages und wurde auf dem Münchner Südfriedhof beigesetzt. Seine Erfindung lebte dank Andrés Aktivitäten fort.

Um 1850 entstanden im Streben nach Mechanisierung die ersten Steindruck-Schnellpressen nach dem Vorbild derer im Buchdruck. Die ersten werden Nicolle und Alexandre Depuy in Paris zugesprochen. Bei Letzterem lernten 1865 die beiden schwäbischen Mechaniker Christian Louis Faber und Adolf Schleicher. Meister Depuy war offensichtlich mit seinen beiden Gastarbeitern aus Deutschland sehr zufrieden, denn er machte sie zu seinen Teilhabern. Doch 1870 brach der deutsch-französische Krieg aus und alle Deutschen mussten das Land verlassen. Die beiden Gastarbeiter gingen 1971 nach Deutschland zurück. Sie fanden eine Bleibe in Frankfurt am Main und übersiedelten ein Jahr später, 1972, nach Offenbach, um hier eine Schnellpressenfabrik zu gründen: die Firma Faber & Schleicher AG, die später als Zeichen für ritterliches Verhalten im Geschäftsverkehr den Namen ROLAND ihrer Firmenbezeichnung hinzu fügte. Nach den Steindruck-Schnellpressen kamen zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Bogenoffsetmaschinen, in denen sie über viele Jahre, besonders in der 5-Zylinder-Bauweise ihrer Druckeinheiten und den großen Formaten, führend wurde.

Dass wir heute so gut über die Geschichte des Offsetdrucks bescheid wissen, verdanken wir dem Offenbacher Neubürger Hermann Schniedewind. Er war nach dem Zweiten Weltkrieg Betriebsleiter beim VEB Druckmaschinenwerk Planeta in Radebeul bei Dresden in der damaligen DDR, floh zu Beginn der 1950er Jahren aus politischen Gründen nach dem Westen und wurde Werbeleiter bei der ROLAND Faber & Schleicher AG in Offenbach und baute in der ersten Hälfte der 1960er Jahre das Werk Mühlheim für den US-amerikanischen Druckmaschinenkonzern Miehle-Goss-Dexter (MGD) auf, das aber schon zwei Jahre später auf Druck der MGD-Aktionäre geschlossen werden musste. Es wurde dann von ROLAND übernommen und beherbergt heute nach Schließung des Werkes in der Stadtmitte die gesamte Fertigung und benachbart die Verwaltung und Forschung & Entwicklung des Bogenoffset-Teils der manroland Druckmaschinen AG mit Sitz in Augsburg.

Boris Fuchs ließ danach die Entwicklungsgeschichte des Offsetdrucks nochmals Revue passieren, wie er sie schon mehrmals im IADM vorgetragen hat – zuletzt bei der Tagung 2004 im Steindruck-Museum in Valkenswaard bei Eindhoven, NL. Er kam so auf die Doppelerfindung der beiden Offsetdruckerfinder Ira Washington Rubel und Caspar Hermann zu sprechen, aber auch auf die Vorrangstellung, die sächsische Druckmaschinenfabriken in Leipzig, Dresden und Plauen dabei einnahmen. Erste Bogenoffsetmaschinen in Deutschland entstanden aus einer von Caspar Hermann umgebauten Harris-Buchdruck-Bogenrotation 1907 in Zweibrücken und Ausstellung in Leipzig sowie durch eine Lizenzfertigung der Rubel-Maschine bei Schwiers, Werner & Stein (SWS) in Leipzig. Erstere trug den Namen „Triumph“, Letztere den Namen „Leipzig“. Durch Verschmelzung der Leipziger und Dresdener Druckmaschinenfabriken kam das Offsetwissen. zum Druckmaschinenwerk Planeta in Radebeul bei Dresden. Leipzig war auch die Stadt, in der 1912 die erste Rollenoffsetmaschine der Welt durch Caspar Hermann und seinen Gönner Ernst Herrmann, Besitzer der Druckwalzenfabrik Felix Böttcher, entstand. Dieser ließ die fortschrittliche Gummi-Gummi-Druckmaschine mit Namen „Universal“ auf eigene Rechnung bei VOMAG in Plauen fertigen und machte die Firma so zum Marktführer bei Rollenoffsetmaschinen.

Danach ging der Referent auf die verschiedenen Bauweisen von Bogen- und Rollenoffsetmaschinen ein, wobei die beiden konträr diskutierten Bauweisen von 5-Zylinder- und Unit-Bauweise bei Bogenoffsetmaschinen und die „Artenvielfalt“ bei den Rollenoffsetmaschinen für den Zeitungsdruck besonders hervorgehoben wurden. Am Schluss wies Boris Fuchs noch darauf hin, dass Caspar Hermann auch als Erfinder des wasserlosen Offsetdrucks bezeichnet werden kann, obwohl ihm ein diesbezügliches Patent wie auch sein erstes Patent auf eine 6-Farben-Bogenoffsetmaschine schon 1903 verwehrt wurde. Er starb enttäuscht und mittellos geworden 1934 in Leipzig.

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Hanns-Peter Schöbel
Vom Punkt zum Raster – zur Geschichte der Druckelemente in der Reproduktionstechnik


Hanns-Peter Schöbel, ehemals Leiter der Repro beim Burdaverlag in Offenburg, unterteilte sein Referat in die Kapitel: 1. Die Reproduktionstechnik und die Druckelemente – als man Linien und Punkte noch von Hand erstellte, 1.2 Die Lithographie erobert den Markt der Bilder, 2. Und nun zum Raster – der Punkt aus der Kamera, 3. Und dann auch: die Punkte im Kontaktverfahren, 4. Der Rasterpunkt in der Elektronischen Reproduktion, 5, Schließlich: Bearbeitung der Druckelemente (Retuscheverfahren), 6. Ablauforganisation und Druckformherstellung bis zur Gegenwart, 7. Kurz zur Entwicklung der reprotechnischen Berufe seit Alois Senefelder, und 8. Museum für Medientechnik. Er behandelte also erschöpfend das Gesamtgebiet der Reproduktionstechnik.

Einleitend erklärte Herr Schöbel, dass die Geschichte der Druckelemente, der er sich in seinem Referat besonders widmen werde, die Geschichte der drei großen Erfinder: Alois Senefelder, Georg Meisenbach und Dr.-Ing. Rudolf Hell umschließe. Die Reproduktionstechnik umfasse nach DIN 16500/2 ganz einfach gesprochen das erneute Herstellen von etwas Vorhandenem, einem Abbild. Um ein Abbild drucktechnisch vervielfältigen zu können, bediene man sich verschiedener Druckelemente: dem Punkt, dem Korn und dem Strich. In der Lithographie besteht die Kunst des Lithographen darin, die richtige Punktgröße manuell auf den Stein so zu platzieren, dass die notwendigen Tonwert- und Zeichnungselemente für die Wiedergabe einer Vorlage im Druck zur Verfügung stehen.

Am Anfang, also um 1800 herum, wurde vor allem Senefelders Kreidetechnik benutzt. Erst durch Engelmann 1837 setzten sich Techniken wie das Tamponieren, Spritzen und Punktieren durch. Die dadurch ereichte Bildqualität führte zu einer raschen Verbreitung dieser Techniken zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Chromlithographien mit bis zu 17 Farben wurden zu dieser Zeit gedruckt. Es entstanden so auch neue Berufe neben denen der Kupferstecher und Xylographen: die Chromolithographen, die Schriftlithographen, die Steinschleifer und die Steindrucker. Auch Arbeitsteilung in der Reproduktionstechnik war angesagt. Das ging so weit, dass manche Lithographen nur glatte Töne, andere Faltenwürfe oder Gesichter punktierten und dies stundenlang, tagelang. Eine 8-Farben-Postkarte konnte bis zu 3 Wochen in Anspruch nehmen.

Durch die um 1839 erfundene Fotografie konnte um 1865 mittels der Gelatine auf Glasplatten auch das Runzelkorn als Druckelement nutzbar gemacht werden – es entstand der Lichtdruck. Man suchte nach Rasterpunkten, die fotografisch erzeugt werden konnten – dies gelang 1882 Georg Meisenbach in München. Schon bald nach der Erfindung des Glasgravurrasters bemühte man sich, Aufrasterungen im direkten Kontakt zu erzeugen. Dies gelang aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als Filmraster als Kontaktraster zur Verfügung standen. Man musste nicht mehr in der Kamera, sondern konnte in einem Kontaktkopiergerät aufrastern.

Nach 1950 entwickelten sich zwei wesentliche Verfahren hintereinander: die Gravur von Druckelementen und die Aufrasterung im Scanner mittels Kontaktraster oder mittels Laserbelichtung. So kam 1951 der erste Klischograph von Dr.-Ing. Rudolf Hell für Hochdruck-Klischees mit erhabenen Druckelementen auf den Markt. Ihm folgte der Helio-Klischograph für den Tiefdruck von vertieft gravierten Näpfchen. Eine bahnbrechende Erfindung entstand ab 1970 mit den Scannern und EBV-Systemen (Elektronische Bild-Verarbeitung), die die ganze Reproduktionstechnik durch Automatisierung revolutionierten.

Danach kam Herr Schöbel noch auf die Bearbeitung der Druckelemente zur Retusche zu sprechen. Um den Tonwert einer Vorlage mittels der Reproduktionstechnik im Druck möglichst nahe zu kommen, mussten die Druckelemente in ihrer Größe verändert werden. Das geschah durch den Punktaufbau (Kern und Verlauf) ätztechnisch, wie auch durch Verstärken am Rasterauszug oder manuell mittels Handretusche. Da dies jedoch Grenzen hatte, versuchte man die vorausgehenden Halbtonaufnahmen, für die jeweiligen Druckverfahren ähnlich, bestmöglich zu bearbeiten durch Ätze, Graphit, Schaben, Lasieren.
Ab 1920 kamen dann viele Reproduktionsverfahren auf, die zum Beispiel durch Maskierung die Verfahrensschritte vereinfachten.

Schließlich erklärte Herr Schöbel noch die Ablauforganisation, die er unterteilte in: 1. Verfahrensabläufe in der Reprotechnik, 2. Die Herstellung der eigentlichen Druckform, 3. Besonderheiten der Rasterung in der Tiefdruckformherstellung, 4. Ab dem Jahre 1990 die vollelektronische Reproduktion, 5. Die Steuerung und Qualitätskontrolle. Zum Schluss ging der Referent noch auf die Entwicklung der reprotechnischen Berufe seit Senefelder ein, die da sind: Die Chromo- und Schriftlithographen, die Chemigraphen, die Tiefdruckretuscheure und schließlich die Klischeeätzer. Interessant sei, dass in der ehemaligen DDR die Farblithografen nach dem Zweiten Weltkrieg intensiver und früher gefördert wurden, als im Westen Deutschlands. Auch die Fachliteratur sei im Osten zu dieser Zeit vorbildlicher gewesen.

Herr Schöbel schloss seinen Vortrag mit den Worten: „Auch wenn man von der Medientechnik nur den kleinsten Teil, den Punkt analysiert, spürt man doch die Fülle von Technik, Erfahrung bis zu Hardware und Software, die hier zu einem regen musealen Leben erweckt werden könnte. Ich habe es auf einer Ausstellung in Berlin versucht und – die allgemeine Beachtung ermutigt mich, dieses Konzept weiterzuentwickeln – das führt zu einem Vorschlag für ein Museum der Medientechnik, das bei mir angefordert werden kann“.

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Jürgen Zeidler:
Erfindung, Entdeckung oder technische Evolution des Offsetdrucks


Jürgen Zeidler von der Saal-Presse, Werkstatt für künstlerische Druckgraphik in Bergedorf, stellte einleitend fest, dass die Zeit vor Senefelder nicht sehr förderlich für Erfindungen gewesen war. Das zeige schon daran, dass es rund 350 Jahre brauchte, bis aus der hölzernen Gutenberg-Presse von 1450 die erste eiserne Handpresse von Lord Stanhope von 1800 wurde. Dann seien jedoch die Erfindungen nur so gesprudelt. Schon die „Kofferpresse“ von Alois Senefelder um 1824 (Boris Fuchs nannte dies den ersten „Desktop-Drucker“) wurde mit Zinkplatten betrieben, da es Probleme mit der Höhenjustierung der Steine gab. Der Schritt von der Lithografie zum Offsetdruck lag quasi in der Luft, denn erstens gab es damals bereits das Umdrucken auf Zinkplatten, was als Vorteil angesehen wurde, da man nicht mehr seitenverkehrt die Form zu bebildern und zu beschriften brauchte. Und zweitens hatte bereits 1725 der Frankfurter Kupferstecher Jacob Christofle Le Blon (1667-1741), Nachkomme von Merian, bei der Erweiterung seiner rein intuitiv erzeugten Dreifarbendrucke in Kupfer-Schabtechnik zum Vierfarbendruck, den „Schwarzauszug“ mittels Abklatschen auf ein Gummituch auf die beiden anderen „Farbauszüge“ übertragen. Ohne das Hinzufügen des „Skelettschwarz“ hätte er sein letztes Privileg in Paris wegen der Schwierigkeit des Einpassens nicht bekommen. Drittens benutze man im Textildruck das Kontern, um die Modelabdrucke zu vervielfachen. Das alles stütze seine These, dass es sich beim Offsetdruck nicht um eine Erfindung, sondern um eine technische Evolution handelt.

Die Vervielfachung der Form mittels Kontern für mehr Nutzen war auch beim Etikettendruck gang und gäbe. So konnten 20 und mit nochmaliger Vervielfachung bis zu 80 Etiketten gleichzeitig von einem Stein gedruckt werden. Da ein Steindrucker bis zu 60 Abdrucke in der Stunde schaffte, ergab dies bei einer 10-Stunden-Schicht 48 000 Etiketten, was bereits als eine industrielle Fertigung bezeichnen kann. Die Methode des Umdruckens war ein indirektes Verfahren und kann somit mit Fug und Recht als ein Vorläufer des Offsetdrucks angesehen werden. Als weiteres Beispiel neben dem Etikettendruck nannte Herr Zeidler den Abziehbilderdruck für Porzellanmanufakturen, bei dem in gleicher Weise verfahren wurde.

Weiterhin erwähnte Herr Zeidler die frühen Bemühungen von Alois Senefelder, seine starren Steine durch flexible Platten zu ersetzten. So habe er mit Leinwand experimentiert, auf die er ein Surrogat seiner gemahlenen Steine aufgebracht hatte. Er behauptete, damit 100 Abzüge machen zu können. Später ersetzte er die Leinwand durch Zinkplatten. Erst um 1900 kam die Zinkographie auf (Zinkdruck-Rotaries), die bekanntlich zu der Doppelerfindung von Ira Washington Rubel und Caspar Hermann führte. Der Umgang mit Zink war jedoch sehr schwierig, besonders wenn das Zink mehr als 1% Blei enthielt. Erst nach 1900 kam das Zink in reiner Form in den Handel. Auf der Pariser Weltausstellung 1855 war bereits Aluminium gefunden worden, das als „Silber aus Lehm“ bezeichnet wurde, wegen seiner Gewinnung aus Bauxit. 1880 und 1889 wurde auch dieses Plattenmaterial vervollkommnet. 1891 wurde es in Neuhausen am Rheinfall erstmals mittel Elektrolyse, d. h. besonders rein gewonnen.

Neben den Druckplatten mussten auch die Gummitücher weiterentwickelt werden, um für den Offsetdruck tauglich zu sein. Es ging dabei um die Langlebigkeit, den Quellschutz und die Stabilität mittels schwefelhaltiger Beimengungen. Vorläufer des Gummituches waren Wachstücher. Sie waren zumindest wasserdicht. Noch 1906 benutzte man Wachstücher, weil sie billiger als die Gummitücher waren. Da es keine Messmethode für das Messen der Tuchstärke gab, musste mit Seidenpapier unter dem Tuch zugerichtet werden, wie es aus dem Hochdruck bekannt war.

Als weiteren Vorläufer des Offsetdrucks nannte Jürgen Zeidler den Blechdruck und führte dazu mehrere Maschinen-Beispiele an. Auch nannte er die Algraphische Gesellschaft in Berlin-Schöneberg, die sich um die Belange des Blechdrucks kümmerte. Der Blechdruck ist ein indirektes Hochdruck-Verfahren, für das Dr. Otto Stecker ab 1891 die algraphischen Platten lieferte. 1892 erhielt Josef Scholz ein Patent, das er an die Algraphische Gesellschaft verkaufte. In USA wurde das Verfahren mit Freuden aufgenommen und es entstand in New York die Strecker & Scholz Company. 1902 machte sich Dr. Strecker in Darmstadt selbständig. 1904 kostete 1 kg Aluminium 2,40 RM, ein kg Zink jedoch nur 0,45 RM – das erklärt, weshalb man noch lange an Zinkplatten festhielt. Im Fortgang seines Vortrags erwähnte Herr Zeidler noch verschiedenen Maschinenfabriken wie Bohn & Heber in Würzburg (späteres Werk II von Koenig & Bauer) und die Schnellpressenfabrik Johannisberg (“Guroma“), sowie das Rubel-Patent von 1906 und einen Zeitzeugenbericht von einem Mr. Porter, da dies schon weiter oben behandelt wurde, mag diese Zusammenfassung genügen.


Vortrag steht derzeit noch nicht zur Verfügung.


Dipl.-Ing. Gerhard Stumpp: Der Druck von Ansichtskarten am Beispiel der Kunstanstalt Carl Garte in Leipzig


Dieser Vortrag war als Einführung in die am gleichen Tag vom OB der Stadt Offenbach, Horst Schneider, eröffnete Ausstellung „Pionier des Offsetdrucks. Die Sammlung Garte“ im Haus für Stadtgeschichte gedacht. Gerhard Stumpp unterteilte sein Referat in die Kapitel Firmengeschichte, Reproduktion- und Drucktechniken und Ansichtskarten-Design an Beispielen. Nach der Geschichte der Ansichtkarten, deren Anfänge bis ins Jahr 1869 zurückreichen, als die österreichische Postverwaltung diese erstmals zum Porto = ½ Brief zuließ, kam der Referent gleich auf die Firmengeschichte zu sprechen:

1874-1883 gab es die Kunstverlagshandlung Glaser & Garte, aus der sich Carl August Garte mit einer Graphischen Kunstanstalt und der Spezialität Ansichtskarten sowie dem Vertrieb über Verlage in 1883 -1890 selbständig machte. Sein Schwager Carl Schulze führte den Betrieb zwischen 1890 und 1910 weiter. Carl Hans Garte übernahm den Betrieb 1910 bis 1921, dem Zeitpunkt, als er ihn mit der C. G. Naumann GmbH zusammenführte und dort zum Geschäftsführer ernannt wurde. Um das steigende Interesse an der Weiterentwicklung des Ansichtskartendrucks zu befriedigen, gründete er 1924 die Offset-Verlags GmbH und brachte die Fachzeitschrift „Offset-Buch- und Werbekunst“ heraus. Auch stellte er sich für die Verbandsarbeit zur Verfügung. 1946 wurde er zum Wiederaufbau der Drucksparte in der deutschen Wirtschaft nach Westdeutschland berufen und wurde Geschäftsführer des Arbeitskreises Flachdruck in der Arbeitsgemeinschaft der graphischen Verbände. Daneben widmete er sich dem Sammeln von Druckmustern und Reklamedrucksachen vieler Druckereien, die den Grundstock für die in Offenbach gezeigte Ausstellung bildet. 1960 starb Carl Hans Garte und konnte so sein Vorhaben, eine Geschichte der Lithographie und des Offsetdrucks zu schreiben, nicht mehr verwirklichen.

Herr Stumpp zeigte zunächst die ab 1874 erfolgte Herstellung von Leporellos (Falt-Ansichten von Städten) als Photolithographien in Photographischer Imitation. Aus diesen wurden ab 1887 Abbildungen für die ersten einfarbigen Topographie-Ansichtskarten verwendet. Der Herstellungsprozess sah dabei die folgenden Arbeitsschritte vor: Fotoaufnahme im Freien, daraus durch manuelles Nachzeichen der Konturen und Auswaschen des restlichen Silberschicht eine Strichzeichnung anfertigen, die Strichzeichnung mit der Reprokamera aufnehmen und so ein Strichnegativ in der Ansichtskartengröße erzeugen, auf einen mit Chromeiweiß beschichteten Lithostein mittels Lichtbogenlampe kopieren, den Lithostein „entschichten“, d. h. unbelichtetes Chromeiweiß entfernen, und den bebilderten Lithostein in einer Steindruck-Schnellpresse abdrucken. Auch hier kam das Kontern (Abklatschen) zum Einsatz, wenn die Ansichtskarten im Mehrfarbendruck erscheinen sollten.

Es folgte eine Fülle von prächtigen Mustern von Ansichtskarten, die später auch in der Ausstellung bewundert werden konnten. Ab 1897 kamen so genannte „Halte gegen Licht“ –Ansichtskarten nach dem Deutschen Reichspatent 84 131 auf, ab 1897 gezeichnete Chromolithographie-Ansichtskarten im Fotoformat (Lichtdruck-Imitation), ab 1900 Ansichtskarten in Chromo-Autotypie, d. h. im Autochromdruck (Buchdruck und Steindruck kombiniert), ab 1905 Autochrom-Ansichtskarten im Iris- und Verlaufsdruck und schließlich ab 1914 Ansichtskarten im Offsetdruck.

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Bei der Eröffnung der Ausstellung waren auch Nachfahren der Familie Garte anwesend. Zur Eröffnung sprachen neben dem OB und dem Museumsleiter auch der Organisator der Ausstellung, Dr. Roger Münch, und der Vorsitzende des IADM, Dr. Harry Neß.




Dr. Markus Rall
„Wie geht es weiter mit Print?“


Der zweite Tag der IADM-Tagung, Samstag, 30. Oktober 2010, fand im Print Technology Center der manroland Druckmaschinen AG in Offenbach-Mühlheim statt. Hier begrüßte Dr. Markus Rall die Tagungsteilnehmer in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied des Unternehmens, aber auch als Vorstandsvorsitzender der Internationalen Senefelder-Stiftung, die ihren Sitz in Offenbach am Main hat.

Dr. Rall war sich auch nicht zu schade, mit einem eigenen Referat die Tagung zu bereichern. Zum Einstieg ließ er die „Konkurrenz von Print“, die neuen elektronischen Medien und die so genannten „Sozialen Netzwerke“, wie Twitter und Facebook, Revue passieren. Dazu einige Statistiken: 500 000 Aufrufe deutscher Parteien auf YouTube zur Europawahl, 1 Mio. Twitter-Nutzer, 1,2 Mio. Videos von YouTube pro Tag abgerufen, 2/3 der Deutschen sind online, 88 Minuten tägliche Nutzungsdauer im Netz, 42% aller Twitter-Nuter sind zwischen 35 und 50 Jahre alt. Doch das Internet ist nicht nur Wettbewerber, sondern auch ein komplementäres Medium zu Print. Der Zugang wäre sonst viel schwieriger zu bewerkstelligen. Das Internet sei viel schneller, falle aber dann wieder ab. Bei vielen Diensten sei die Lebenszyklus-Spitze bereits erreicht. Auch müsse man die medizinischen Gefährdungen durch Suchtverhalten berücksichtigen.

Auf die Konjunkturentwicklung und die Situation der Weltwirtschaft zu sprechen kommend, zeigte Dr. Rall auf, dass nach negativen Prognosen in 2009 jetzt in 2010 die Konjunktur in Nordamerika, in Europa und Deutschland wieder anzieht. Was dabei Asien betrifft, so war dort auch 2009 von einer positiven Konjunkturentwicklung ausgegangen worden, die sich jetzt noch verstärkt. Die weltweiten Ausgaben für Werbung betrugen 2008 rund 500 Mrd. US-Dollar, brachen 2009 auf 445 Mrd. ein und dürften laut verlässlicher Prognosen in 2010 auf 475 Mrd. und 2011 auf den ursprünglichen Wert von 500 Mrd. US-Dollar wieder ansteigen. Bei den Druckprodukten hat der Verpackungsdruck über die Jahre 2003 bis 2010 ständig zugenommen und wird auch bis 2014 zunehmen. Außerdem nimmt er mit einem Volumen von rund 50 Mrd. US-Dollar die Spitze unter den Druckprodukten ein, gefolgt von Akzidenzen und Werbung mit gleicher Höhe um 30 Mrd. US-Dollar, jedoch mit Einbrüchen während der Jahre 2003-2010 und weiteren prognostizierten Einbrüchen bis 2014. Als aufgehende Märkte für Druckprodukte bezeichnete er Südostasien mit + 8,3%, China mit + 6,5% und Südamerika mit + 0,6%.

Die Zukunft von Print werde bestimmt durch Kreativität, Attraktivität und das Image, fuhr Dr. Rall fort. Publikumszeitschriften seien seit Jahren und konstant die reichweitenstärksten Mediengattungen vor allen anderen Gattungen. Oft erreichen Zeitschriften sogar mehr Menschen als die Fernseh-Quotensieger. Zeitschriften sprechen alle Zielgruppen sehr präzise an. Danach kam Dr. Rall auf den Verpackungsdruck und dessen Herausforderungen zu sprechen. Ebenso auf dessen Verteilung auf die verschiedenen Druckverfahren. Bei manroland habe man sich in der Firmenphilosophie dem Anbieten von Mehrwert verschrieben, in der Produkteffizienz durch Scheller und Billiger und in der Produktwertigkeit durch Besser und Anders sein. Die Formel für Erfolg laute: Performance = Technologie x Organisation x Personal.

Das Anders sein erzielt man bei den manroland-Bogenoffsetmaschinen vom 3b (16 Seiten) bis 8er Format (64 Seiten – liegend 72 Seiten) mit Spotlackierungen, Matt-Glanz-Effekten, Kaltfolienapplikationen, Prägungen und gezielter Gestaltung, wie sich die Tagungsteilnehmer später im Demo-Center überzeugen konnten. Das Schneller sein erreiche man durch die Inline-Veredelung und das damit verbundene Einsparen von Produktionsschritten, Billiger sein dadurch, dass man mit drei Zusatzfarben nahezu alle Sonderfarben darstellen kann. Eine Besonderheit stellt das Prägen im Lack dar.

Mit der Vorstellung der Aktivitäten von manroland beim TeleSupport (Kundendienst), dem printcom-Geschäft mit zertifizierten Systemkomponenten und dem EcoLogic printing beschloss Dr. Rall seinen Vortrag, nicht ohne vorher noch auf das funktionale Drucken mit intelligenten Lebensmitteletiketten, RFID, Solarzellen mit organischer Photovoltaik, OLED-Licht und Displays eingegangen zu sein. Sein Schlusswort und damit die Antwort auf die Frage, wie es mit Print weitergehen wird, formulierte er wie folgt: „Druckprodukte werden grundlegender Bestandteil der Multimedia-Welt sein, wenn sie bewährte Stärken, neue Funktionen und Interaktivität kombinieren“.


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Dr. Thomas Glöß
Lithografie und Schrift


Dr. Thomas Glöß von Grafik - Design in Leipzig stellte gleich eingangs fest, dass die Lithographie die Gestaltung der Schrift sehr stark beeinflusst hat und stellte den Zusammenhang mit der industriellen Revolution Anfang des 19. Jahrhunderts her. Wie Alois Senefelder selbst sagte, hatten andere auch vor ihm mit dem Ätzen von Solnhofener Stein experimentiert, denn 1550 wurden schon Musiknoten erhaben geätzt, und 1580 gab es den berühmten Kalendertisch, der ebenfalls mit erhabener Schrift versehen war – dazu Löcher, um Markierungsstifte für die einzelnen Wochentage einstecken zu können.

Mit Aufkommen von Senefelders Erfindung dominierte die schräggestellte Schreibschrift, wie sie im Buchdruck wegen der Starrheit der Typen nicht möglich war und nur bei der Tiefdruck-Gravur Anwendung gefunden hatte, von wo man sich die Vorbilder nahm. Dann war da die „Bodoni“, die klassizistische Antiqua, die Bodoni, der König der Drucker, bis zur Perfektion führte. Die Wallbaum-Fraktur von Julius Wallbaum war eine weitere Variante, die mit der Lithographie aufkam. Auch eine Antiqua kam von Wallbaum – vorher hatte man Steinschriften von Denkmälern kopiert – dies meistens nur in Versalien gestzt. Mit Napoleons Feldzügen in Ägypten brach eine wahre „Ägyptomania“ in Europe aus. Es war nicht nur der Stein von Rosette, der neue Schriften wie die Cumberland mit angeklotzten Serifen hervorbrachte – Schriften wie die „Egyptian“ wurden sogar in 20 Ausführungen so genannt.

Eine spezielle „Steinschrift“ wurde 1850 für die Lithographie geschaffen, die man mit Lineal und Zirkel gut erstellen konnte. Schon 1824 war die Philadelphia-Schrift in einer 3D-Animation aufgekommen - so zu sehen auf einem Jubelbild für Alois Senefelder. Man könne das Durcheinander an gemischten Schriften nur als geschmacklos bezeichnen. Aber das „Horror-Kabinett“ der Schriftenvergewaltigung ging bei Aufkommen der Westernfilme weiter. So genannte Reklameschriften entstanden, die besonders bei Plakaten Anwendung fanden. Schließlich kam noch ein Historismus hinzu, indem man die Schriften in Guillochen einband – die Formspielereien nahmen kein Ende. Den Geschmacksverirrungen wurde Tür und Tor geöffnet.

Es entsprach dies alles einer Vorwegnahme der Digitalisierung, wo zu Anfang ebensolche Missgriffe auftraten – Formen-Konsortien durch Mischung von Fraktur- und Antiqua-Schriften. 1860 trat auch eine Spiegelung von Schriften auf, wie wir sie heute wieder bei Apple vorfinden. 1839 kamen Darstellungen auf, bei denen man große Typen in die Architektur integrierte. Die Schrift hatte sich verselbständigt. Mit den Plakaten von Henri de Toulouse-Lautrec wurden die Schriften in bunte Bilder eingebunden, die aus bis zu 26 Farben bestanden. Dann um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstand der Jugendstil, wobei die Schrift mit dessen Formempfinden (Flora und Fauna) eine innige Symbiose einging. Ein diesbezügliches Plakat, das 1904 in Offenbach entstanden ist, wählte Dr. Thomas Glöß in Verehrung für den Tagungsort als Schlussbild.


Vortrag steht derzeit noch nicht zur Verfügung.



Dr. Werner Fraß
Offsetdrukplatten als Motor und Spiegelbild der Entwicklung von Druck und Medien


Mit der Feststellung, dass Historiker schon „rückwärts gewandte Propheten“ genannt wurden, begann Dr. Werner Fraß, ehemaliger Direktor und F&E-Leiter Ozasolder Kalle/Hoechst AG in Wiesbaden, seinen Vortrag über die Geschichte der Offsetdruckplatten. Den Anfangspunkt setzte er bei beim „Steinpapier“, das Alois Senefelder schon 1820 erfand, um vom Stein wegzukommen. Mit dem Aufkommen der Daguerrotypie wuchs das Bedürfnis, auch photographische Bilder durch den Druck vervielfältigen zu können, was zum Lichtdruck als einer Mischtechnik von Tief- und Flachdruck führte. Zur Bilderzeugung wurde erstmals eine lichtempfindliche Schicht verwendet. Diese bestand aus Ammoniumbichromat und Gelatine.
Diese Beschichtung wurde bis ins 20. Jahrhundert verwendet, als Trägermaterial Zinkblech,immer wieder entschichtet und beschichtet(Zinkographie). Dies geschah in einer Plattenschleuder mit bald anschließender Belichtung in einem Belichtungsrahmen vor dem Druck.

Der Weg zur ersten industriell hergestellten, vorsensibilisierten Offsetdruckplatte führte über das positiv arbeitende Trockenlichtpausverfahren OZALID. Dr. Fraß erzählte dazu, dass um 1920 eine Anfrage des Mönches Raphael Kögel vom Kloster Beuron die Firma Kalle in Wiesbaden erreichte, ob man ihm eine spezielle Diazoverbindung liefern könne. Pater Raphael hatte nämlich eine Methode gefunden, alte Schriften auf wiederverwendeten Pergamenten, so genannten „Palimpsesten“, wieder sichtbar zu machen und war an den Diazoverbindungen wegen ihrer Lichtempfindlichkeit interessiert. Da man bei Kalle die Tragweite der Erfindung für andere Gebiete erkannte, kaufte man dem Pater die eingereichten Patente ab und baute eine Fabrikation für Lichtpauspapier damit auf. Im Gegensatz zu der bisher eingeführten Methode der „Blaupause“, die nach der Belichtung durch wässrige Entwicklung zu einem Negativ des Originals führte, ergab das neue Verfahren nach der trockenen Entwicklung gleich eine positive Kopie. Der führende Kopf bei dieser Entwicklung bei Kalle war Dr. Maximilian Paul Schmidt. Der Name OZALID ergab sich durch Rückwärtslesen aus dem Wort „DIAZO“ unter Hinzufügung eines „L“.

Als in den 1930er Jahren Deutschland von importierten Rohstoffen autark werden wollte, suchte man bei Kalle einen Ersatz für das im Offsetdruck immer noch verwendete Bichromat. So entstand 1943 eine negativ arbeitende Beschichtungslösung für den Offsetdruck auf Diazo-Basis. Als Ableger des OZALID-Geschäfts wurde diese Lösung als OZASOL verkauft. Im Mai 1949 wurde bei Kalle die weltweit erste vorsensibilisierte Offsetdruckplatte hergestellt. Sie arbeitete indirekt positiv und wurde ebenfalls unter dem Namen OZASOL vermarktet. Bald darauf folgte die erste direkt positiv arbeitende OZASOL-Platte. Als Trägermaterial diente in beiden Fällen drahtgebürstetes Aluminium.

In der Folgezeit wurde von Kalle eine Reihe von Positiv- aber auch Negativplatten für den Niedrigauflagensektor auf den Markt gebracht. Insbesondere in den USA hatte sich im Laufe der Fünfzigerjahre als Weiterentwicklung der Zinkographie ein großer Markt für vorsensibilisierte Negativplatten entwickelt, während in Kontinentaleuropa die Positivplatten vorherrschten. Die Anstrengungen bei Kalle in Richtung Negativ-Chemie führten Ende der 1960er Jahre zu zwei bahnbrechenden Erfindungen: es konnten polymere Diazonium-Verbindungen synthetisiert werden und das Prinzip der Fotopolymerisation konnte, nachdem DuPont mit seiner Lydel-Platte die erste Platte dieser Art auf den Markt gebracht hatte, für die Formulierung einer robusten, negativ arbeitenden Hochleistungsplatte nutzbar gemacht werden. Beide Entwicklungen seien mit dem Namen seines Kollegen Hartmut Steppan verbunden.

Dr. Fraß kam so auf das Produkt OZASOL N7 zu sprechen, das Anfang der 1970er Jahre das Standardprodukt für den aufkommenden großauflagigen Zeitungsoffsetdruck wurde. Es wurde in der Großdruckerei des Axel Springer Verlages in Essen-Kettwig erstmals eingesetzt.Für Hochauflagen-platten – ob positiv oder negativ arbeitend – verdrängte elektrochemisch aufgerauhtes und anodi-siertes Al-Trägermaterial recht schnell das drahtgebürstete Aluminium.

Platten, die eine ausreichend hohe Empfindlichkeit gegen sichtbares Licht zeigten, fanden in den Siebzigerjahren mehr und mehr das Interesse der Offsetdrucker. Die dann mögliche filmlose Verarbeitung war am ehesten mit elektrophotographischen Platten, z.B. Elfasol möglich: zuerst in einem Kamera-Automaten, EA 692,der die Druckformherstellung weitgehend automatisierte, dann mit dem Aufkommen digital steuerbarer Lichtquellen bei der Belichtung mit Blaulicht-Lasern (488nm). Dr.Fraß erwähnte auch die Konfiguration bei „EL PAIS“ in Barcelona, wo die fernübertragene Seiteninformation direkt auf Elfasol-Platten aufgezeichnet wurde.

Zum Schluss berichtete Dr. Fraß von der hochlichtempfindlichen Photopolymer-Offsetdruckplatte OZASOL N90, die zur Drupa 1990 in einer roten Plexiglas-Pyramide vorgestellt wurde; denn für ihren Einsatz als Laserplatte war sie gegen sichtbares Licht oder Gelblicht empfindlich. Mit diesem Produkt wurde dem Verfahren Computer-to-Plate (CtP) zum Durchbruch verholfen.

Heutzutage gibt es auch Violettlaser und IR-Laser für den Einsatz zur Druckplattenbelichtung und zu allen diesen Lichtquellen gibt es die passenden vorsensibilisierten Offsetdruckplatten. Schließlich kamen zu den Lasern noch die digital steuerbaren Leuchtdioden. Die chemikalienfreie Entwicklung wurde von der Ökologie gefordert und vonä!sale_frommainsale_frommain.sale_fromA3*&&ÿ;((t nur ein Spiegel der Technologie, sondern auch der Motor der Entwicklung, was schon im Titel dieses Referates zum Ausdruck kam. Mit der Schlussbemerkung, dass Alois Senefelder wohl zufrieden gewesen wäre mit dem, was aus seinem „Steinpapier“ geworden ist, schloss Dr. Fraß seinen ausführlichen Vortrag.


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Dr. Harry Neß
Verbandsgeschichte der Stein- und Offsetdrucker


Den letzten Vortrag der Tagung bestritt der Vorsitzende des IADM, Dr. Harry Neß. Der Verband der Lithographen, Steindrucker und verwandter Berufe wurde Ende 1890 von 33 Delegierten, die Mitglieder aus 50 Städten vertraten, mit Sitz in Berlin gegründet. Sie wählten als ihren Ersten Vorsitzenden Otto Stiller, der ab 1892 fest bei der gewerkschaftlichen Organisation mit einem Monatsgehalt von 150 Mark beschäftigt war. Bei einem Mitgliedsbeitrag von wöchentlich 15 Pfennigen erwarben die Ende 1891 auf 3604 angestiegenen Mitglieder das Recht auf den Bezug der „Graphischen Presse“ und auf Streik- und Gemaßregeltenunterstützung. Ihre Ziele waren anfänglich der Kampf um den 8-Stunden-Tag, der Aufbau einer Arbeitslosenunterstützung und einer Reisekasse für die Gesellen.

Der erste Ansatz zur Entstehung von ständigen Abspaltungen in Fachvereine war schon 1869 durch den „Hirsch-Dunkerschen Gewerbeverein der Maler, Koloristen, Lithographen und Steindrucker“ in Neuruppin, sowie 1873 durch den Deutschen Senefelderbund als eine Gewerkschaftsorganisation und 1878 durch die Gründung einer Unterstützungskasse gelegt worden. Diesen Aktivitäten war 1872 in Berlin die Gründung einer „Vereinigung der Steindruckbesitzer“ als Arbeitgeberorganisation voraus gegangen.

Unter dem Druck der technologischen Entwicklungen entstand ein Bedarf nach Weiterbildung, sodass die „Graphische Rundschau“ als fachtechnische Beilage ab 1899 der „Graphischen Presse“ beigefügt wurde. Überhaupt stand die Aus- und Weiterbildungsfrage im Zentrum des Vereins, der 1906 mit einem Lehrlingsregulativ die Qualität der Ausbildung zu verbessern suchte, und 1908 eine eigene Lehrlingsabteilung mit der Zeitung „Graphische Jugend“ aufbaute, um „allen Lehrlingen während ihrer Lehrzeit in der beruflichen, geistigen und körperlichen Ausbildung behilflich zu sein“.

Eine Reihe innerer Konflikte durchzogen die Geschichte der Gewerkschaft bis 1933 und diese wurden erst mit der Nachkriegsgründung der IG Druck und Papier sowie dem Zusammenschluss im Zentralfachausschuss der Druckindustrie harmonisiert. Verständlich werden die Auseinandersetzungen aufgrund einer heterogenen Mitgliederstruktur (u. a. auch Kupferstecher, Xylographen, Notenstecher und Chemigraphen) in einer Branche mit Kleinbetrieben mit Handpressen und ungelösten Tariffragen von Stein-, Offset- und Tiefdruckabteilungen in größeren Buchdruckereien.

Besichtigung der Steindruckerei Hügelow im Werk von manroland in Offenbach
Ein besonders „Schmankerl“ hatten der IADM den Tagungsteilnehmern durch den Besuch der Steindruckerei von Manfred Hügelow im Werk von manroland in Offenbach geboten. Er betreibt dort eine mit Flachform (Stein) arbeitenden Offset-Andruckpresse, bei der auf der einen Seite die Form, der Stein, und auf der anderen Seite des still stehenden Fundamentes der Papierbogen flach aufliegt und darüber der Gummituchzylinder motorisch verfahren wird. Der Gummituchzylinder nimmt also erst das Druckbild von der Druckform (Stein) auf und überträgt es dann auf den flach liegenden Papierbogen. Die Maschine eignet sich damit in idealer Weise für Künstlerdrucke. Ein solcher Künstlerdruck wurde den Teilnehmern in Anwesenheit der Künstlerin vorgeführt. Die hier angefügten Bildsequenzen zeigen die Arbeitsschritte:Farbe auf der Farbauftragwalze einwalzenBenetzen des SteinsEinfärben der SteinsAbdruck auf den Gummituchzylinder und Übertragung auf das PapierDie Reihe der nacheinander erfolgten Drucke.


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Fotos: Sascha Boßlet, Boris Fuchs, Silvia Werfel
Texte: Boris Fuchs